11. Regionaltreffen Brandenburg für Heimat- und Familienforscher
Das 11. Regionaltreffen Brandenburg für Heimat- und Familienforscher ist Geschichte. Der frühe Termin hat sich ausgezahlt, obwohl keine Informationen durch die Presse weitergegeben wurden, fanden etwa 130 Gäste den Weg zum Treffpunkt Freizeit.
Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre haben wir dieses Jahr die Vorträge nur einzügig gestaltet, um einerseits jedem Vortragenden die volle Aufmerksamkeit widmen zu können und andererseits auch den Ausstellern das notwendige Publikum zu gewährleisten. Diese Verfahrensweise wurde zum vollen Erfolg.
Neben den Trägern des Regionaltreffens, der Arbeitsgemeinschaft Ostdeutscher Familienforscher, der Brandenburgischen Genealogischen Gesellschaft „Roter Adler“ e. V., dem Herold – Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften e. V. und
der Landesgeschichtliche Vereinigung für die Mark Brandenburg und unseren Stammgästen: der Arbeitsgemeinschaft für mitteldeutsche Familienforschung e.V. (AMF), Gisbert Berwe mit dem Programm Gen_Plus, der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft e.V., dem Prignitzer Herold e.V. und dem Niederlausitzer Verlag aus Guben, fanden dieses Mal auch Jan Escholt mit dem Programm Familienbuch 6.0, die Verdener Familienforscher, Ralf G. Jahn mit seinem Geschichtlichen Büchertisch, der VERITASKLUB® r. K. Berlin – Kaulsdorf, die DAGV und Friedrich Dubbert mit seiner Genealogiekunst den Weg zu uns.
Parallel zur Ausstellung fanden sechs interessante Vorträge statt.
Dr. Peter Bahl: Die Integration d. Flüchtlinge und Vertriebenen in Brandenburg nach 1945
Der Referent berichtet aus seinen Quellenstudien, die in eine größere Publikation einmünden sollen. Im Vordergrund stehen das Handeln der Flüchtlingsverwaltungen sowie Wege und Umwege der Integration der offiziell als „Umsiedler“ bezeichneten Menschen in Stadt und Land. Dabei wird der Bogen von den ersten Trecks über die massenhaften Transporte bis zu späten Nachzüglern gespannt und versucht, die Abläufe bei Aufnahme und Eingliederung nachzuzeichnen.
Prof. Dr. Matthias Asche: Aus Zürchern und Bernern werden Preußen – zum 325. Jubiläum der Ansiedlung von Schweizerkolonisten im Ruppiner Land
Die Ankunft von vierzehn Familien aus dem Berner Oberland im unwirtlichen Sumpfgebiet an der Havel bei Potsdam im Frühjahr 1685 markierte den Auftakt einer Phase intensiver Einwanderungen von Schweizerkolonisten in die Mark Brandenburg. Innerhalb einer kurzen Zeit – bis in die Mitte der 1690er Jahre – zogen mehrere tausend, überwiegend verarmte und nachgeborene, aber siedlungswillige Bauernsöhne aus den Kantonen Bern und Zürich in eine ihnen gänzlich unbekannte neue Heimat und legten dort zahlreiche, nach den Verwüstungen und Entvölkerungen der Kriege des 17. Jahrhunderts dringend benötigte neue Dörfer an. Viele der Kolonisten starben in den ersten Jahren, viele wanderten enttäuscht zurück in ihre Heimatdörfer, einige zogen in der Hoffnung auf bessere Arbeitsmöglichkeiten weiter in die großen Städte oder verdingten sich als Soldaten im sich im Aufbau befindlichen stehenden brandenburg-preußischen Heer – die meisten von ihnen aber blieben in ihren Kolonistendörfern und arrangierten sich letztlich mit den widrigen Umständen und den Anfeindungen der alteingesessenen Bevölkerung. Für die Mark Brandenburg bedeutete die Ansiedlung von Schweizerkolonisten zwar nicht die Lösung der demographischen Probleme, aber immerhin konnten durch die Einwanderer einige seit Jahrzehnten brachliegende Landstriche wieder urbar gemacht und besiedelt werden. Außerdem stärkte das reformierte Bekenntnis der Schweizerkolonisten – wie die zeitgleich stattfindende, freilich im Umfang bedeutendere Aufnahme von Hugenotten – die Position der hohenzollernschen Landesherren, die als Reformierte in einem konfessionellen Gegensatz zu ihren fast ausschließlich lutherischen Untertanen standen und schon allein aus diesem Grund eine besondere Beziehung zu den Neusiedlern aus der Eidgenossenschaft entwickelt hatten. Vom ersten preußischen König Friedrich I. ist bezeichnenderweise folgender Ausspruch überliefert: „Ich will selber dieser Schweitzer nicht Stieff-Vater, sondern rechter Vater seyn.“
Pastorin Cornelia Müller: Hugenotten in der Uckermark
„Um 1700 war jeder 5. Berliner ein Franzose“. Dieser Satz ist den meisten bekannt und wird häufig zitiert. Was das für die Ahnenforschung bedeutet, ist klar: Viele Brandenburger haben hugenottische Wurzeln. Dem trägt die Evangelische Kirche Rechnung, wenn sie noch einen eigenen Reformierten Kirchenkreis und französisch-reformierte Gemeinden fördert. Dennoch werden die Gemeinden immer kleiner. Es wäre schade, wenn diese Tradition ganz verloren ginge. Daher eine herzliche Einladung zu meinem Vortrag. Anhand von Quellen wird der Weg und die Seßhaftwerdung der Hugenotten in der Uckermark nachgezeichnet.
Vielleicht stoßen auch Sie auf Hugenotten in Ihrer Ahnentafel.
Prof. Dr. Peter Clemens: Mein Portugiesisch-jüdischer Migrationshintergrund – Folge der Inquisition im 15. und 16. Jahrhundert
Der Autor weiß seit seiner Kindheit, dass eine seiner 4 Urgroßmütter ursprünglich Jüdin war, sich in einen Protestanten verliebte und zwecks Heirat kurz vor dieser zum Christentum konvertierte. Deren Mutter war eine geborene HINRICHSEN (1805-1850). Deren Vorfahren stellten durch mehrere Generationen die Hofbankiers der Herzöge von Mecklenburg-Schwerin, seit 1677. 1677 war Michel HENRIQUES vom mecklenburgischen Herzog aus Glückstadt an der Elbe (damals Dänemark) als solcher nach Schwerin berufen worden und nannte sich forthin Michael HINRICHSEN. HENRIQUES war kein dänischer Name, sondern stammte aus Portugal, von wo die Familie unter dem Druck der Inquisition (einsetzend 1492) schließlich Anfang des 17.Jahrhunderts emigriert war. Die Familie hatte schon seit ca. 1150 in Portugal gelebt.
Jürgen Kniesz: Die Mühlen und Müller im Grenzraum Brandenburg-Mecklenburg
Die Grenze zwischen Mecklenburg und Brandenburg trennte zwei Landesherrschaften voneinander, die beide Teil des Reiches waren. Es war eine politische Grenze, an der keine unterschiedlichen Kulturen, keine anderen Sprachen, kein abweichender Glauben aufeinandertrafen. In beiden galten sowohl reichseinheitliche wie landesspezifische Gesetze. Wie „hoch“ war die Grenze für die Menschen? Welche Auswirkungen hatte die Trennlinie auf den Beruf des Müllers? Obwohl er ähnliches berufliches Herkommen hatte und ähnlichen Regeln und Gesetzen unterlag, war der wandernde Müllergeselle nach Überschreiten der Grenze Ausländer, mußte ein Meister, der sich um Pacht oder Kauf einer Mühle bewarb den jeweiligen Gesetzen und Bestimmungen Rechnung zollen, einem fremden Amt, Zunft oder Innung beitreten. Markante und nachhaltig wirkende unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen vollzogen sich vor allem im 19.Jahrhundert. Gewerbefreiheit, eine Liberalisierung des Handels, die Industrialisierung setzte in Brandenburg Jahrzehnte früher ein, als in Mecklenburg.
Betrachtet werden Müllerämter am Rande von Mecklenburg: Ribnitz – an der Grenze zu Vorpommern –, Wittenburg und Gadebusch – an der Grenze zu Niedersachsen – und Lübz – an der Grenze zu Brandenburg. Verglichen wird mit dem Mülleramt Waren. Beispielhaft sollen einzelne Mühlen, ausgewählte Müllerfamilien benannt werden, wobei die hohe Mobilität es schwierig macht, Biographien von Müllern oder gar ganze Familiengeschichten über mehrere Generationen zu erstellen. Allzu häufig verschwinden die Unter-suchungsobjekte –besser: die zu untersuchenden Subjekte, Personen.
Jörg Schnadt: Die Familie Glier aus dem Vogtland – Handel und Wandel, Flucht und Vertreibung
Die Familie Glier ist bis heute in Markneukirchen alteingesessenen. 1522 bis 1542 wird in der Bürgerliste Hanns Gluher genannt. Die Schreibweise des Familiennamens wurde später über verschiedene Formen wie Gluer und Glüer zu Glier gewandelt. Die Gliers gehören zunächst folgenden Berufen an: Böttcher, Gerber, Sägschmiede und Tuchmacher. Als infolge der Gegenreformation in Böhmen Anfang des 17. Jh‘s viele Musikinstrumentenmacher ins sächsische Vogtland kamen, wandten sich die Glier auch diesem Handwerk zu und da die Instrumente auch verkauft werden mussten, verlegten einige sich auch auf den Handel mit Musikinstrumenten. Reisen an die Häfen der Nordseeküste und ins Mecklenburgische waren üblich. Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu Auswanderungen. Polen, Rußland (St. Petersburg, Moskau), USA und Brasilien waren jetzt die Ziele. Für eine dieser Auswandererfamilien wurde der Beginn des 1. Weltkrieges zur Trennung. Während Karl Glier verhaftet wurde und nach 6-jähriger Verbannung und Flucht durch Sibirien mit seiner Familie nach Deutschland kam, wurde sein Bruder Reinhold Glier ein sehr bekannter Komponist in Russland.
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Alle Fotos: Dirk Peters