Die friderizianische Kolonisation in Gröben

Das von Friedrich dem Großen mit Leidenschaft und mit Aufwendungen betriebene Kolonisationswerk, die für das nicht gerade wohlhabende Preußen erstaunlich waren, erfasste Gröben erst 1774 in dem großen Meliorationsplan des Ministers von Derschau. Auch der adelige Besitz im Kreise Teltow, ja sogar die prinzliche Kammer mit der großen Herrschaft Wusterhausen, schließen sich erst in diesem Jahre dem Kolonisationswerk an.

Denn die wenigen Kolonisten, die der Kriegs- und Domänenrat Pfeiffer in den Jahren 1745 bis 1756 auf den wüsten Dorfstätten Neubeeren, Ludwigsfelde, Diepensee und Birkholz ansetzte, stehen in keinem Verhältnis zu dem ausgedehnten Besitz des Adels und – zu den kolonisatorischen Leistungen, zu denen sich die Ämter Zossen usw. mit ihren Dörfern und Vorwerken ununterbrochen seit 1740 hergaben. In einem Umfang, der die Dorfschaften des Amtes Zossen nach der Ansetzung der 76 Familien im Jahre 1769zwingt, zu betonen, das daneben noch so viele andere Familien in den letzten Jahren angesetzt seien, das „sämtliche Dörfer dermaßen strak bewohnt, das nicht nur der Raum zu neuen Wohnhäusern, sondern auch das Gartenland mangelt, das ihnen beigegeben werden soll“. Wie andererseits Weide und Hütung mehr und mehr eingeengt wurden durch die in diesem sandigen Teil des Teltow notwendigen neuen Kiefernschonungen. Alle bisherigen Kolonisationsvorhaben im Teltow, ob es sich um Ansetzung von Bauern, Kossäten, Büdnern, von Spinnern Handwerkern handelte, wurden durchweg auf dem staatlichen Besitz, in Amtsdörfern und Amtsvorwerken durchgeführt, zum kleinen Teil auf städtischem Gebiet. Es war aber auch kein Vorhaben so groß wie das in dem Meliorationsplan von Derschau vorgelegte.
Denn Friedrich II. verband in seiner Instruktion an diesen Fachmann vom 02. Oktober 1774 die Forderung nach Ansetzung von Kolonisten im ganzen Brandenburg zugleich mit der Forderung, nun restlos alle noch nötigen Meliorationsaktionen damit zusammen in einen großen Plan zu bringen. Die Gewinnung von Neuland bedeutete Grundlegung für neue Kolonistenstellen, zum mindesten Sicherung der bestehenden usw. Das noch wüste liegende Land, Dörfer, die zu viel Land hätten und es als sechs- und neunjähriges Roggenland liegen ließen, Bedarf an staatlichen Viehlieferungen, alles sollte erfasst werden. Die Planwirtschaft ist aber besonders sichtbar in dem Befehl, alle die Knechte im Lande listenmäßig zu führen, die bei Kriegsausbruch zur Artillerie usw. eingezogen würden, also der Landwirtschaft dann fehlten. Alle Meliorationen aber usw. sollten auf königliche Kosten geschehen.
Es muss einer besonderen Studie vorbehalten bleiben, die Auswirkung dieses großen Planes auf unsere Gegen allein nach der kulturbautechnischen Seite darzustellen. Denn unmittelbar darauf begannen die Grabenregulierungen an Nuthe und Notte, wurde die neue Nuthe gegraben, wurden bis Sommer 1778 65629 Morgen Brüche und Lüche trockengelegt usw. Hier soll am Beispiel Gröben die andere Seite des Planes, die Ansetzung der Kolonisten auf Ausführung und Erfolg betrachtet werden.
Die Kurmärkische und die Kammer der Neumark arbeiteten schnell und brachten Derschau die nötigen Unterlagen. Der Landrat des Kreises Teltow, von den Liepen, schickte am 12. Oktober schon das Rundschreiben der Kammer durch den Kreis. Adel, prinzliche Kammer, aller nichtstaatliche Grundbesitz erboten sich 193 Familien anzusetzen, jedoch keine Ausländer (worunter damals Sachsen, Thüringer, Mecklenburger usw. verstanden wurden). In der Versammlung aller dieser Grundbesitzer am 24. November 1774 fertigte er seinen 240 Familien Plan aus. Die Unterlagen aus allen Kreisen setzen Derschau instand, seinen Plan bald dem König zu unterbreiten. Ausgangspunkt war die Feststellung, daß bei Kriegsausbruch aus der Kurmark 3.088 Knechte aus Städten und Dörfern eingezogen würden, im Teltow 84 Mann. Derschau wollte nun in einem Vierjahresplan 1.600 Familien unterbringen, davon im Jahre 1775 allein 274, wollte aber im Zusammenhang noch 3000 weitere Stellen schaffen. Von den 1.600 sollten die meisten in Altmark, Prignitz und Uckermark angesetzt werden, sollte der Teltow nur 1.000 Familien bekommen, davon 20 für 1775. In den Aemtern sollte eine Familie (da freies Bauholz zur Verfügung stand) 242 Taler kosten, im Hauptkreis 300 Taler (in der holzarmen Altmark kostete sie 410 Taler, im waldreichen Ruppin nur 228 Taler). Im ganzen wollte im Jahr 1775 Derschau für 80.000 Taler 274 Familien ansetzen, sollten die Bauten für die ersten 100 Familien 27.712 Taler kosten. Friedrich der Große fand diese Summe zu hoch, forderte vom Adel entgegenkommen in freier Holzlieferung, verwies auf Schlesien, wo er 30 Dörfer für je 20 Familien schon für 70.000 Taler bauen ließe. Diese Antwort des Königs vom 19. Januar 1775 veranlasste den sorgfältigen Rechner Derschau zu Rückfragen in Breslau, aus denen sich ergab, daß im ganzen nur 466 Familien für 70.000 Taler etabliert werden sollten, daß die geringeren Kosten eben nur möglich waren in einer Provinz mit besonderem Waldreichtum gerade auf adligem Besitz. Darauf sicherte der König die 80.000 Taler für Trinitatis 1775 zu, die Vorbereitungen begannen, der große Vierjahresplan wurde Wirklichkeit!
Gröben gehörte damals den Söhnen des 1765 in Breslau verstorbenen Generalmajors Gustav Albrecht von Schlabrendorf, die in schlesischen Garnisonen dienten, und wurde ihrer Mutter verwaltet, einer klugen und nicht nur nach der wirtschaftlichen Seite hin ungewöhnlichen Frau. Sie erklärte sich dem Landrat gegenüber sofort für 2 Familien pro 1775, dem Kriegsrat Grothe von der kurmärkischen Kammer gegenüber für 6 Familien pro 1776 bereit. Für jede Familie bekäme sie 190 Taler Bauzuschuß. Das bedeutete in der Praxis nur Hergabe der Baustelle und des Gartenlandes als eigene Unkosten. Für diese 190 Taler bzw. 380 Taler musste ein Zweifamilienhaus entstehen, 11 Gebind, d. h. 11 Fächer lang, also 43 x 24 Fuß groß und 8 Fuß hoch („im Stiel“, d. h. in den Eckpfosten), Lehmfachwerk. Jedes Fach musste einen Querriegel haben, der Giebel mit Balken ganz durchgebunden, der Schornstein massiv sein, die Wände innen weiß geschlämmt. Jedes Haus enthielt die „geräumige“ Vorderstube, die Küche, die Kammer und den Stall für eine Kuh, zwei Schweine und eine Gans (die für die gemeinschaftliche Dorfhütung gestattet waren). Der Garten sollte etwa 1/2 bis 1 Morgen große sein.
Die Generalin ließ die Kolonistenstellen „am Ende“ des Dorfes errichten. Das erste Haus war noch 1775 fertig. Es ist das heute Henickesche Haus am Ausgang nach Siethen. Der Bauinspektor Valleri fand es bei seiner Inspektionsreise am 28. Mai 1776 mit Familien besetzt. Zwei weitere Häuser waren schon wieder fertig zur Bauabnahme, das dritte für 1776 vorgesehene war schon gerichtet. Die Familien hatte sie alle schon engagiert und stellte sie dem Beamten vor. Denn dieser musste darauf sehen, daß ausrangierte Soldaten oder „Ausländer“ die Büdnerstellen aus staatlichen Fonds bezogen. Die Generalin hatte 4 Ausländer und 4 Invaliden als Büdner angenommen. Die ersten Kolonisten Zorn und Hager hatten am 29. November 1775 ihren Untertaneneid geschworen, die anderen bezogen ihre Häuser im Jahre 1776. Die übernahmen Haus, Hof und Garten als volles Geschenk, als eine Erbzinsstelle, übernahmen neben den Rechten (ein Jahr völliger Freiheit von Diensten und Abgaben, Weidefreiheit für Kuh, zwei Schweine, eine Gans, die Freiheit der Veräußerung, jedoch nur an einen Ausländer, die Bauholzfreiheit bei großen Reparaturen) auch einige Pflichten. Die bauliche Erhaltung des Gehöftes lag im eigenen Interesse, die des Geheges herum auch in dem des Dorfes. Die Herrschaft aber bedank sich aus: jährlich 45 Tage Arbeitsleistung der Frau, 7 Mannstage, also jede Woche einen Arbeitstag auf dem Gut, dazu das Spinnen von vier Strähnen Hede, zu zehn Fitzen gerechnet, so wie es die Tagelöhner im Dorf zu tun hatten. Und im Eid versprach jeder Gehorsam, Treue und „ordentliche“ Nachbarschaft, d. h. Übernahme aller Pflichten gegen die Dorfgemeinschaft. Die Generalin aber erhielt laufend ihre Staatszuschüsse, das letzte Drittel jeweils nach Fertigstellung der Häuser.
So hatte sich die Dorflage innerhalb zweier Jahre um fünf Doppelhäuser vermehrt, von denen eins in der Gasse stand. Dieses beherbergte die Kolonistenfamilien Andreas Schulze und Franke. Sie hatten beide die größten Kolonistengärten, jeder 70 Quadratruten. In der Haushälfte nach dem Upstall zu wohnte Andreas Schulze. Er war Schneidermeister, 1752 in Brück bei Belzig, in Sachsen, damals also Ausland, geboren, war zugewandert, heiratete 1776 die Tochter des Hirten Busack aus Siethen und nahm diese Kolonistenstelle Nr.1 im gleichen Jahre an. Doch blieb er nicht lange hier, zog etwa 1778 weg, und nun nahm die Herrschaft das Haus an sich, besetztes es mit den Förstern. Der erste war der Jäger Wulff, nach dessen Tode 1786 dann Baumann.
Die andere Hälfte des Hauses, Stelle 2, bewohnte der Gärtner Johann Gottfried Franke. Er war 1741 in Naumburg a. S. als Sohn eines Gärtners geboren, um 1768 als Gärtner auf dem Gut Gröben angetreten, heiratete 1774 hier eine Wolter, war scheinbar bei der Herrschaft angesehen, denn bei seinem Sohn ist 1784 Quintus Julius, Freund Friedrichs des Großen und Schwiegersohn der Gutsherrin, Pate. Er blieb bis 1796 auf der Stelle, ging nach Zossen, war 1801 Gärtner bei dem Amtsrat Hubert in Reibnitz, Amt Friedland, hatte die Stelle dem alten Revierjäger Baumann, seinem Hausnachbarn, für 30 Taler verkauft. Dadurch wurde Baumann Kolonist. Er war schon einmal Willens, eines der Kolonistenhäuschen am Dorfende zu übernehmen. Dort war eine weniger gute Stelle (s. u.), zu der sich im Mai 1776 der Gottlieb Herzlieb erklärt hatte, Hausmann in Gröben, schon 1760 als Invalide verabschiedet. Aber der trat von seinem Angebot zurück und hatte im Juli dann Baumann als Nachfolger. Der war im Jahr 1765 bei dem Röderschen Kürassierregiment nach 16 Jahren Dienstzeit entlassen worden, da er Gelegenheit hätte, sich „im Lande“ niederzulassen. Doch auch Baumann verzichtete auf seinen Erbzinskontrakt, blieb lieber Hausmann, bis er die Jägerstelle erhielt. Nun war er also Kolonist, aber ein Jahr später versuchte er schon die Stelle für 60 Taler an den Tagelöhner Ernst Schulze zu verkaufen, einen geborenen Gröbener. Das gelang nicht, wohl aber der Verkauf an den Tagelöhner Joh. Friedr. Melzer. Der war 1781 in Potsdam geboren, wo sein Vater noch wohnte (in dem Hause des Viehmästers Melzer vor der langen Brücke), hatte die Bauerntochter Anna Sophia Erdmann geheiratet und erstand nun für 55 Taler die Kolonistenstelle.
Die anderen sieben Kolonistenstellen befanden sich am Dorfende in den dort errichteten vier Doppelhäusern. Am Dorfausgang nach Siethen wohnten zunächst die Kolonisten Hager und Zorn. Das Haus steht heute noch und gehört dem Zimmermann Henicke. Johann Heinrich Zorn hatte die Haushälfte nach Siethen zu, Stelle 3, mit anschließend 60 Quadratruten Garten. Er war Zeug- und Leineweber, stammte aus Greiz im Vogtland, war aber schon länger im Land, hatte seine Frau Anna Dorothea Leicht aus Glienicke. Er trat 28 jährig, mit drei Kindern die Stelle an. Nach seinem Tode 1781 wurde der Schwiegersohn Andreas Köhler, herrschaftlicher Brauer, Besitzer. Er stammt aus dem Magdeburgischen, starb 1806, 71 Jahre alt. Die um 28 Jahre jüngere Frau, Christiane, heiratete dann den Arbeitsmann Joh. Gottfr. Palm. Doch ging die Kolonistenstelle im richtigen Erbgang an die Tochter erster Ehe, Charlotte, die 1818 dann den Garnwebermeister Friedrich August Köhler in Gröben, Sohn eines Garnwebermeisters aus Ahrensdorf, als Ehemann auf den väterlichen Hof holte. Das Haus war eins von den guten, bei dem wie in der Gasse die Ställe nicht in Haus, sondern draußen waren, für sich. Für einen Weber war, da der Webstuhl viel Platz brauchte, mehr Raum nötig.
Die andere Hälfte, Stelle 4, übernahm 1775 der Arbeitsmann Andreas Hager. Er kam jungverheiratet von Blankensee nach Gröben, war also als gebürtiger Sachse auch Ausländer. Diese Stelle hatte nur einen kleinen Hof, der Garten lag draußen neben des Schmied Vogel Garten, am Schweinedamm, 45 Quadratruten groß. Hager blieb bis ungefähr 1791 hier, ging dann aber zurück nach Blankensee, weil er da „als Kuhhirte mehr verdiente“. Die Wohnung brauchten dann die abgebrannten aus Jütchendorf, bis Joh. Christian Fuchs sie als Mieter bezog. Er zahlte aber keine Miete an Hager, sondern diente dafür mit seiner Frau Regina Schulze dessen Hofetage ab.
Das nächste Doppelhaus lag daneben. Hier hatte die Hälfte nach dem Dorf zu, Stelle Nr. 6, einen Stall, denn auch hier brauchte ein Garnwebermeister, Christian Friedrich Lehmann, für deinen Webstuhl Platz. Sein Vater Hans Michael Lehmann, ehemals Kanonier, aus Trebbin gebürtig, hatte diese Stelle 1776 angenommen, die erst Herzlieb, dann Baumann (s. o.) haben sollten. Er übernahm auch nur einen kleinen Garten. Sein Sohn hatte 1827 noch die Kolonistenstelle in Besitz. In diesem Jahr starb er, heiratet seine Tochter nach dem Kietz. Der alte Michael L. war 1811 gestorben.
Die nachbarliche Hälfte, Stelle Nr. 5, hatte 1776 der Invalide Christian Andreas Schulze vom Koschenbarschen Infanterie Regiment erhalten. Er stammte aus Rudow, war Meier auf dem Gut, starb 1801, seine Frau, eine Unger folgte 1805. Ihn beerbte sein Sohn Joh. Christian Schulze, starb 1828,, zeitlebens Arbeitsmann.
Ein weiteres Doppelhaus stand am heutigen Zimmerhof, da wo heute das Arbeiterwohnhaus anfängt. Hier hatte die Stelle Nr. 8, die nach dem Dorf gewandte, zunächst sich das Gut behalten, hielt darauf Hofpersonal. Um 1780 erstand der Weinmeister Joh. Friedrich Krüger sie. Er hatte 1778 die Tochter des herrschaftlichen Kutschers Kleinen geheiratet. Am 13. Februar ertrank der 40 jährige rüstige Mann mit seinem Knecht im Gröbener See, als sie ihn auf dem Eis überqueren wollten. Die Witwe starb 1798, für die zwei minderjährige Söhne war der Jäger Baumann Vormund. Der eine, Carl Friedrich geboren 1782, war später Meier auf dem Gut, heiratet 1808 eine Kirstein vom Kietz. Das Haus diente um 1800 dem Tagelöhner Vogel zur Wohnung, einem Sohn des Schmiedes. Er und seine Frau tun aber nicht die aus der Stelle pflichtigen Hofdienste und es gibt Räumungsbefehle, Exekutionsdrohungen, doch bleibt er schließlich wohnen. Um diese Zeit scheint die Herrschaft die Stelle wieder zurückgekauft zu haben.
Die Stelle daneben, Nr. 7, die andere Haushälfte übernahm 1776 Andreas Flach. Er stammte aus „Paulitchen, Amt Derskehm, ohnweit Gumbinnen“, war 1778 aus dem Dragoner-Regiment von Platen entlassen worden. Er war einige Jahre schon Kutscher auf dem Hof. Er starb 1802, 82 Jahre alt, seine Frau, geb. Husche, starb 1800. Im Besitz folgte sein Schwiegersohn Ernst Dörre. Auch hier war der Garten klein, nur 36 Quadratruten.
Das letzte der fünf Doppelhäuser lag auch am Dorfausgang, dem ältesten Haus von 1775 gegenüber. Von ihm steht heute nur noch eine Hälfte, das „Gemeindehaus“. Das innere zeigt die Raumverteilung in Stubem Kammer, Flur, Küche und Stall, alles unter einem Dach. Das Haus bewohnten zunächst Gutsarbeiter. In den 90er Jahren gab die Herrschaft die Stelle als Erbzinsgut an den Soldaten Burdach, aus Schalkowitz bei Olmütz gebürtig. Nach seinem Tode 1799 folgte ihm sein Sohn, der als Tagelöhner sein Brot hatte. Joh. Friedr. Burdach (Burda), geb. 1770. Doch hatte er nie eine Erbverschreibung in der Hand, und die Herrschaft betrachtete in der Folge diese Büdnerstelle Nr. 9 nicht mehr als Kolonistenstelle. Eine Erscheinung, der auch noch andere Büdnerstellen, urspünglich als Kolonistenstellen gedacht, unterworfen wurden.
Das Haus daneben aber, wo heute die Witwe Löwendorf wohnt, steht auf einer „echten“ Kolonistenstelle von 1776. Die Stelle Nr. 10 bekam der Invalide Friedrich Gärtner vom Koschenbarschen Infanterie-Regiment, gebürtig aus Glienicke, geboren 1736. Seine erste Frau starb 1787, er selbst 1808, seine andere Frau 1810. Er war zuletzt Nachtwächter in Gröben. Im Besitzer folgte ihm sein Sohn Joh. Gottfr. Gärtner, geboren 1789. Er heiratet 1820 eine Meisner aus Lüdersdorf.
So bedeutete das große Meliorationswerk nach dem Vierjahresplan des unermüdlichen Derschau für Gröben eine bauliche Ausstattung um fünf Doppelwohnhäuser, eine Vermehrung der Bevölkerung um zehn Familien. Und daran lag dem König, der in der Geschichte des Siebenjährigen Krieges sagt, das die „Zahl der Untertanen der Reichtum der Staaten“ ist, der von seinem Vater den gleichen Grundsatz schon übernommen hatte: „Menschen achte vor den größten Reichtum“. Gewiß war auch Gröben nicht erreicht, daß die Schaffung von zehn neuen Stellen, d. h. Existenzgrundlagen, nun den Zustrom von zehn Familien über die Grenzen herein auslöste. Rein zahlenmäßig war solcher Zuwachs vom Ausland her gering. Denn von den acht Kolonisten die dem Vallerie im Mai 1776 vorgestellt wurden, war nur ein einziger eben über die Grenze gekommen, also „Ausländer“, der Hager aus dem 8 Kilometer entfernten Blankensee. Gärtner und Zorn waren schon länger im Lande als Mieter irgendwo ( = Einlieger), Gärtner vielleicht von den Schlabrendorffs auf ihrem Besitz Glienicke als Arbeiter schon länger bekannt, beide vielleicht schon einige Zeit in Gröben wohnhaft. Die fünf anderen jedoch, Ausländer oder Soldaten, wohnten schon länger in Gröben, waren auf dem Gut Kutscher, Meier, Gärtner, Arbeiter, in den beiden Nachzüglern Baumann und Krüger auch Förster und Weinmeister, oder Schneider. Wenn solchergestalt die Herrschaft Gelegenheit nahm, treue Dienste ihres Personals zu belohnen mit der Schenkung der Erbzinsstellen, so bedeutet das zahlenmäßig einen Zuwachs der Bevölkerung dennoch, weil in die von ihnen geräumten Gutsarbeiterhäuser nun neue Familien nachrückten. Weiter erreichte man, daß die betreffenden Familien seßhaft wurden, damit ein Reservoir von Arbeitskräften für das Land. Die Probe darauf war der Bayerische Erbfolgekrieg 1778/79, zu dem Tausende von Knechten als Soldaten ausrückten. Am 11. November 1778 konnte Derschau dem König schreiben, das er bei seiner Bereisung der Provinzen die Ernte mittelmäßig bis gut fand, „auch gut eingebracht, obgleich viele Knechte mit den Regimentern marschieren mußten. Hierbei zeit sich nun der große Nutzen offenbar, den das Land von den vielen neuen Familien hat, die Ew. Königl. Majestät seit 1763, besonders aber in den drei letzen Jahren hat ansetzen lassen“. Derschau starb leider schon 1779. Welche Anerkennung seines Werkes liegt in dem Brief des hinsichtlich Anerkennungen so herben Königs vom 1. April 1776, „ich habe das Vertrauen zu Euch, Ihr habt Euch das Etablissementswesen in der Provinz mit allem Fleiß angelegen sein lassen“. Nach seinem Tode wurde das große Werk fortgesetzt jedoch in so gewaltigem Ausmaß nur noch bis zu Friedrichs II. Tod. Damit hörte das Kolonisationswerk auf.
Aber das mangelnde staatliche Interesse daran äußerte sich auch in dem Geschick einiger Kolonistenstellen. Denn das Fehlen staatlicher Aufsicht bei den Kolonistenetablissements auf adligem Grund (bei den Domänenkolonien hielten die Siedler es durch ihre Bauforderungen wach) erklärt das Verschwinden zweier Kolonistenstellen bis 1820. Die Grundherrschaft hatte fünf Doppelhäuser gebaut, hatte für acht Erbzinsstellen dann Kosten und Familien nachgewiesen, für acht Stellen je 190 Taler erhalten. Im Jahre 1807 aber hatte sie jene Kolonistenstelle 1 in der Gasse (1776 Andreas Schulze) an sich gezogen, ließ dort ihre Förster wohnen, hatte sie auch die Kolonistenstelle 7, die dem Weinmeister Krüger verschriebene, als Ersatz für Nr. 1 gedachte, eingezogen. Und die Hofstelle 9, das heutige Gemeindehaus, war von vornherein trotz Zusicherung an Burdach Gutsarbeiterwohnung. In diesem Verschwinden der ersten Kolonistenstelle äußerte sich die Tendenz des Großgrundbesitzers, das Bauernlegen, das Einziehen nichtspannfähiger Hofstellen sehr früh, erfuhr das Kolonisationswerk des großen Königs in Gröben die erste Einschränkung. Als nächste Stelle folgte in dieser Entwicklung die Kolonistenstelle Nr. 4, die hatte Andreas Hager seinerzeit verlassen und dem Arbeitsmann Joh. Friedr. Fuchs zur Miete übergeben. Um 1802 war Fuchs dann ganz Besitzer der Stelle geworden. Sie war schlecht, und er hielt Umschau nach einer besseren. Da starb gegenüber auf Stelle 10 (neben dem Gemeindehaus, heute Witwe Löwendorf) der alte Kolonist Gärtner 1808, seine Frau 1810. Die drei Jungen waren noch nicht mündig, der älteste wurde es aber eine Zeitlang und verkauften um 1820 die Stelle an Joh. Friedr. Fuchs. Er verkaufte dafür seine Kolonistenstelle an die Herrschaft, und so schmolz damit die Zahl der Kolonistenstellen auf sechs.
In diese Zeit fallen die Bemühungen der Kolonisten um Verbesserung ihrer Viehhaltung und ihrer Dienstverpflichtungen. Sie hatten in den letzten Jahren nicht nur jeder eine, sondern mehrere Gänse in die Gemeindehude gegeben, und der Gänsehirte hatte nichts dagegen. Der neue Besitzer des Gutes jedoch, Rechnungsrat Schmidt, war dagegen und befahl am 9. August 1802 dem Schulzen Heinicke, den Kolonisten nur eine Gans zu gestatten. Sollten sie binnen acht Tagen dem nicht folgen, so würden die überzähligen Gänse zum Wohl der Schulkasse verkauft. Doch Heinicke redet umsonst, die Kolonisten dachten gar nicht an Abschaffung. Erst dem Ordre vom 4. September 1802 an Heinicke stellte den „rechtmäßigen“ Stand her. Denn nach dem 20. September mußte der Schulze die Ställe revidieren, die überzähligen zum Gutshof bringen, dort versteigern, und den Gänsehirten kostete jede widerrechtlich mitgenommen Gans 1 Groschen Strafe.
Die Arbeitsverpflichtungen scheint der neue Gutsherr verschärft zu haben. Der Kolonist Weber übernahm in dem Kaufkontrakt 1803 auch die Dienste seiner Frau, einer Bauerntochter vom benachbarten Erdmannschen Bauerngut. Denn sie war an einem Fuß lahm. Darüber hinaus mußte er sich verpflichten, die Hofetage auf Wunsch so abzudienen, daß sich mehrere in einer Woche zusammendrängten. Melzer hatte daran keine Freude, und als er zehn Tage vor dem großen Brand Gröbens (in der Nacht vom 3. zum 4. Mai 1812) zur Fortsetzung einer mit dem Zimmermann Burda begonnenen Arbeit für den nächsten Tag bestellt wurde, blieb er weg, ließ sich auch drei Tage nicht sehen. Alles ohne Entschuldigung. Als die „Dorfgerichte“, Schulze und Schöffen, ihn abends festnehmen wollten, wehrte er sich, rückte aus. Zwei Tage später nahm man ihn in einer Bauernscheune fest, brachte ihn ins Dorfgefängnis und sperrte ihn acht Stunden ein, gab ihm aber die gepfändete Axt und den Spaten zurück- Den Brand, angeblich Brandstiftung durch den „boshaften, widerspenstigen Untertanen“, brachte Schmidt mit der Verurteilung in Verbindung. Melzer beschwerte sich beim Kammergericht, das dem Gutsherrn sein Verhalten verwies. Das Ende des Streites ist nicht ersichtlich, wohl aber, daß Schmidt zuviel Dienst gefordert hatte. Mit dem Hausmann Dörre hatte er die gleichen Schwierigkeiten. Denn die Miete der Hausleute war nicht Geld, sondern 52 Tage jährlich Hofedienst.
Die erste Generation der Gröbener Kolonisten hatte treulich ausgehalten, abgesehen von dem ausgekauften Andreas Schulze (stelle 1), von Hager und Franke (Stelle 2). Bei allen löste der Tod erst das Band zu dem kleinen Eigentum. Diese Beständigkeit äußerte sich auch in der Folgezeit im Besitzwandel durch Erbgang, ist im ganzen Kennzeichen dieser im sozialen Gefüge des Dorfes neuen Besitz- oder Arbeitergruppe. Sie stand besitzrechtlich den sechs Bauern und fünf Kossäten gleich, hatte eins aber den reinen Gutsarbeitern voraus: die große Freiheit im Arbeitsverhältnis. Eine Unabhängigkeit, die auch die innere Haltung beeinflußte. Denn immer mußte der Gutsherr die Behandlung dieser Arbeitskräfte so abstellen, daß er sie behielt. Verzichtete er auf ihre Dienste, so war eine Umwandlung in Geldrente nicht möglich und ratsam, verlor er die Arbeitskraft auf jeden Fall. Während er den eigentlichen Gutsarbeitern, den Hausleuten bieten konnte, was er wollte, sofern diese den liebgewordenen Lebenskreis nicht schon wieder aufgeben wollten! Diese innere Sicherheit, dies Beharrenkönnen im einmal begonnenen Lebenskreis scheidet den Kolonistenstamm Gröbens scharf von dem ländlichen Proletariat der Hausleute. Im September 1807 standen diesen zehn Hausleuten Dörre, Thielicke, Bienicke, Riemke, Lehmann, Ernst Schulz, Karl Vogel, Uzeck, Burda und Wolff, dazu dem Pferdehirten Schmidt, dem Kuhhirten Mudrich und dem Förster Baumann, insgesamt zwölf landlosen Familien, gegenüber sechs Bauern, fünf Kossäten, sieben Kolonisten und der Schmied. Es hatte sich also die Gruppe der besitzgebundenen, in seiner Entwicklung eben auch von dieser Sicherheit her bestimmten Familien um mehr als die Hälfte vermehrt, betrug die Zahl der Kolonisten 20 Prozent der übrigen Haushaltungen, sieben von 36.
Eine Generation später hat sich dieses Bild noch nicht wesentlich geändert. Auf Stelle 2 in der Gasse war Melzer 1845 gestorben (seine Frau schon 1832). Seine Tochter hatte 1823 den angehenden Kolonisten Joh. Gottlieb Böttcher, Dienstknecht in Trebbin, gebürtig aus Scharfenbrück, geheiratet. Der starb schon 1835, hinterließ die Stelle dem Sohn August Wilhelm. Auf Stelle 3 war der Garnwebermeister Friedrich August Köhler abgelöst durch seinen Sohn Friedrich Köhler. In die Stelle 5 hatte 1820 Joh. Friedr. Aug. Fuchs eingeheiratet, folgte seinem Schwiegervater Joh. Chr. Schulze nach dessen Tod 1828. Dieser Fuchs stammte von der anderen Seite der Straße, aus dem Gärtnerschen Hof, den sein Vater gekauft hatte, Stelle 10. Er starb 1848, und so wurde sein Sohn, Joh. Friedr. Karl Fuchs Besitzer von 5. Drüben in Stelle 10 aber hatte die Tochter des alten Fuchs sich 1812 den Friedrich Wilhelm Kirstein geheiratet, Sohn von Gottfried Kirstein auf dem Kietz, der dort auf dem Hof von heute Fritz Löwendorf Platzhalter war. (Die Kirsteins kamen aus Blankensee, besetzten im 19. Jahrhundert aus zwei Linien von dorther unsere Dörfer). Joh. Friedr. Kirstein starb 1854, ihm folgte sein Sohn, der Schneidermeister Joh. Friedr. Karl Kirstein in Stelle 10. Auf der Stelle 6 aber saß nach dem Leineweber Lehmann ein anderer Sohn des Gottfried Kirstein, der Karl Kirstein, 1799 – 1864. Er kam als Pachtfischergehilfe an der Kirche, gegenüber von Thäle und Heinicke. Als 1831 der Pachtfischer Lehmann starb, wurde er Pachtfischer, zog auf den Pachtfischerhof und überließ die Stelle 6 seinem Schwiegersohn, dem Pachtfischergehilfen Joh. Friedr. Löwendorf, dem Großvater von Fritz Löwendorf in der Gasse. Die alte Stelle von Flach, Nr. 8, scheint um 1815 der Viehhirte Joh. Ludwig Löwendorf gekauft zu haben. Er hatte eine Kossätentochter von Ribbecks Hof, heute Bergmann, und begann dann einen Handel mit Kolonialwaren. Die Herrschaft wollte gern diese Haushälfte auch noch haben und überredete Löwendorf zum Tausch mit einem gegenüber liegenden Gutsarbeiterhaus. So wurde diese Stelle (heute ist da ungefähr der Brunnen) Kolonistenstelle. Sein Sohn Karl Friedr. Ludwig erbte die Stelle und Handel, wurde „Kopmanns Karl“.
In die Zeit um 1850 fällt auch die erste Vergrößerung des Kolonistenbesitzes. Bis dahin hatten sie nicht Gelegenheit gehabt, ihren „Lebensraum“ zu erweitern, denn alles Land war in fester Hand. Als 1849/50 das Gensickesche Kossätengut zerschmolz unter den Händen von Isaak Meier Cohn aus Potsdam, erwarben sie die zum Teil Weidegerechtigkeit des Kossätenhofes, und so traten die sechs Kolonisten mit ihren Ansprüchen zur großen Separation an. Sie wurde 1864 abgeschlossen und brachte in Umwandlung von je ein Sechstel Weidegerechtigkeit jeder Kolonistenstelle einen Zuwachs von 20 bis 50 Quadratruten, brachte im ganzen den Besitzstand jeder Stelle auf 3/4 bis 1 1/2 Morgen. Nur „Kopmanns Karl“ hatte über 5 Morgen, weil er sein Geld in Ackerstücken aus der vorgenannten Wirtschaft Gensicke angelegt hatte.
Heute existieren nur noch vier Kolonistenstellen als selbständige Grundstücke und Wirtschaften. Auf die Köhlersche Stelle am Dorfausgang heiratete später Mehlis aus Wildenbruch ein, ihm folgte der Schwiegersohn und heutige Besitzer Henicke. Mehlis kaufte von der Gutsherrschaft die andere Haushälfte (1775 Hager). Er ist nach dem Schloß und dem Krug das drittälteste Gebäude in Gröben. Von der Kolonistenstelle 5 aus baute sich der Vater des Maurers Hermann Fuchs auf einem Stück der ehemals Gärtner Kirsteinschen Stelle 10 auf, hinter dem Gemeindehaus. Die Stelle 5 selbst übernahm die Schwester dieses Fuchs, die dann August Lehmann vom Kietz heiratete. Ihm war diese Kolonistenstelle die schmale Grundlage für den Aufstieg von dem Ecke – Lehmannschen Hof auf dem Kietz. Denn dahin wechselte er und baute dann den Hof in der goldenen Zeit der Fischerei, in den 90er Jahren usw. aus. So wurde diese Kolonistenstelle 5 Plattform für den erfolgreichen Ausbau zweier neuer Wirtschaften. Denselben Erfolg bot die Stelle 2 in der Gasse. Denn als 1860 das alte Pachtfischerhaus an der Kirche abgerissen wurde, als auch der Hof 6, neben Fuchs, von der Herrschaft erkauft wurde, da zog der Pachtfischer Joh. Friedr. Löwendorf ins Jägerhaus in der Gasse, kaufte schließlich der Herrschaft das Haus ab. Sein Sohn kam auch in den goldenen Jahren der Fischerei zu Geld, um die alte Kolonistenstelle von „Woater – Löwendorfs“ auf dem Kietz, um andere Ländereien und schließlich gar noch die Nachbarhälfte, Stelle 1, Böttchers abzukaufen. Er und sein Sohn, Fritz Löwendorf, bauten aus diesen zwei Stellen einen schönen Bauernhof von über 70 Morgen auf. Und Böttchers erwarben einen kleinen Hof am Dorfende. Also auch diese Kolonistenstelle war Grundlage für den Ausbau zweier Wirtschaften, von denen die eine beispiellos wuchs weil die Besitzer rastlos waren. Auf der Stelle 10, der ersten Kirsteinschen, folgte der Schwiegersohn von Joh. Fr. Karl Kirstein, der Garnwebermeister Loth, folgten Heuseler und der Schwager Loths, Friedrich Kirstein. Von dem kaufte Maurer Löwendorf (seine Witwe ist heute Besitzer). Doch wurde das Stück Acker an der Potsdamer Straße, das zu diesem Kirsteinhof gehörte, Anfang einer neuen Wirtschaft; denn dieses kaufte Hermann Kirstein von seinem Onkle Friedrich. Aber die neue Kolonistenstelle von „Kopmanns Karl“ verschwand gänzlich. So wurden die Kolonistenstellen noch Rückgrat für unternehmende Familien, wuchsen sie durch das Zerfließen von Bauer- und Kossätengütern. Denn ihre Besitzer waren Handwerker, die den Lebensunterhalt aus der Wirtschaft bestreiten, den Lohn aber sparen, bei Gelegenheit in Land anlegen konnten.
So ist die Entwicklung der Gröbener Kolonistenstellen ein weiterer Beweis für den Erfolg, für den Wert des Kolonisationswerkes Friedrichs II. ! Es war für Kriegszeiten durch solche Planwirtschaft schon damals dem Landarbeitermangel gesteuert, es verzinste sich in Kontribution und Konsumtionsabgaben das hineingesteckte Geld. Aber wichtiger war noch die Tatsache, daß besitz- oder landlosen Menschen ein Grundstück unbelastet geschenkt wurde. Es irrte der Domänenrat Richthof in seiner Denkschrift 1774, nach unbestreitbar auch trüben Erfahrungen mit dem Siedlermaterial z. B. im Lande Lebus, wo er so allgemein urteilt: Leute, die Luft zu arbeiten haben, kommen auch zu Hause durch. Denn auch den fleißigsten war es in anderen Ländern nicht so leicht möglich, zu Eigenem zu kommen. In keinem Lande wurde die ständisch gebundene Struktur der Dörfer so aufgelockert von einem aufgeklärten Monarchen wie in Preußen, aber auch in keinem Lande des übrigen dichter besiedelten Deutschland war so viel Raum noch offen, wartete auf Menschen. Verging so den Fleißigsten anderswo ein großer Teil eigenen Lebens allein mit dem Erreichen der ersten Stufe des Fortschreitens im Lebenslaug einer Familie: der Gewinnung endlich des Eigenbesitzes, hier in Preußen hatte er sie altersmäßig wesentlich früher erreicht, machte die königliche Geschenk viel früher Kräfte frei zu weiterer Entwicklung. Und man kann wie in Gröben, so in Siethen usw., in den Zossenschen Amtsdörfern an der Entwicklung der Kolonistenstellen, des landwirtschaftlichen Kleinbesitzes allgemein feststellen, daß gerade dieser Besitz das Rückgrat war für die Entwicklung der Familie. Gleich, ob zu den kleinen Ackernahrungen von nicht erbhofmäßiger Größe, die heute ihren Mann nähren, oder zu dem Eigenbesitz der Prozessionisten in unseren Dörfern, oder aber zu dem Abbau wieder neuer Hausstellen, durch Kinder der alten Höfe, eine Entwicklung, die nach den Separationen, nach 1850 etwa, einsetzt und ständig wächst. Von der Gründung der Kolonistenstelle an bis heute, durch die Zeiten des wirtschaftlichen Niederganges vor 1933, war der Kleinbesitz Grundlage der Krisenfestigkeit, wie andererseits die Plattform für die frische Initiative der wagemutigen, rastlosen und sparsamen Glieder, die neu aus den Familien sprossen. War so dieser Lebenskreis „der kleinen Leute“ dem des Landarbeiters seit je in der Entwicklungsmöglichkeiten voraus, so auch im Lebensstandard, den eben die innere Sicherheit bestimmt. Die Entwicklung der Kolonisation Friedrichs II. im Teltow widerlegt gründlich die leichtfertige These des Breslauer Ziekursch, Friedrich II. habe damit stark geholfen bei der Bildung der ländlichen Proletariats. Wie wenig Familiennamen umfaßt die Kolonisation in unseren Dörfern im Vergleich mit den unabsehbar vielen, die in der gleichen Zeit durch die Häuslerwohnungen der Güter zogen. Es ist ferner dieses Werk des Großen Königs nicht bewußte Fortsetzung des mittelalterlichen Drängens der Deutschen in den Osten zurück. Denn die „Sachsen“ z. B., die von dem Fläming herüber in die ganz nahem Zossenschen Amtsdörfer wechselten, der Hirte Hager, der vom sächsischen Blankensee nach dem nur eine Meile entfernten Gröben zog, spürten in sich nicht den „großen Zug von West nach Ost“, sondern nur die kleinbürgerliche Sehnsucht nach einem besseren Auskommen. Wohl aber gelang es Friedrich, ein Gefühl zu entwickeln, das alle die angesetzten Sachsen, Thüringer, Mecklenburger usw. nach und nach einte, das Gefühl, hier in Preußen führte der König unsere, des niederen Volkes Sache wie die des Adels, entsprang aus dieser persönlichen Bindung an den König das Nationalgefühl: Wir sind seine Märker, seine Preußen! Und diesem Nationalgefühl des einfachen Mannes, in einer Generation geprägt, konnte Napoleon bei Großbeeren, bei Dennewitz und so fort, nicht widerstehen. Hier siegte Friedrich der Große!

Ein Bericht von Richard Kiefer
Quelle: Unser Teltow – Heimatbeilage zum Teltower Kreisblatt Ausgabe 12 vom 17.08.1939 und Ausgabe 13 vom 16.09.1939

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