Toxische Ahnenforschung
Mit dem sicherlich durchaus provokativ gemeinten Schlagwort „Toxische Ahnenforschung“ bezeichnet der Journalist Thies Marsen seine Nachforschungen zu den wahren Hintergründen familiärer Überlieferungen über die Rolle seiner Großeltern unter der NS-Herrschaft. Seine 2020 im Alter von 103 Jahren verstorbene Großmutter erzählte oftmals, dass sie es war, die die Aktentasche beschafft hat, in der Claus Schenk Graf Stauffenberg am 20. Juli 1944 den Sprengsatz unter dem Besprechungstisch der Wolfsschantze plazierte. Sein Großvater, der Generalstabsoffizier Walter Rudolph soll zum Kreis der Verschwörer gehört haben. Geglaubt hat der Großmutter zunächst niemand, doch dann hat er sich dem journalistischen Reiz, die Angaben zu überprüfen doch nicht entziehen können.
In seinem 4-teiligen, jeweils rund 40-minütigen Podcast des Bayerischen Rundfunks
„Omas Tasche und dass Hitler-Attentat“
nimmt er nun den Hörer mit auf seine Erkundungsreise.
Was Marsen tut, dokumentiert er mit seinem Aufnahmegerät in der Hand, und es ist ihm ein akustisches Meisterwerk der Aufarbeitung deutscher Geschichte gelungen. (Friedrich Burschel)
Zu empfehlen ist auch das Buch „Opa war kein Nazi. Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis“ von Harald Welzer, Sabine Moller und Karoline Tschuggnall.
Über die familiäre Täterforschung von Johannes Spohr informieren die Webseiten:
www.presentpast.net und wwwpreposition.de
Eine bemerkenswerte Erkenntnis der aktuellen Geschichtswisenschaft geht von allenfalls 200.000 Deutschen aus, die tatsächlich unter Einsatz ihres Lebens Widerstand im NS-Regime geleistet haben, also nur rund 0,3 Prozent der damaligen Beökerung. Und das waren hauptsächlich Kommunisten, sowie Sozialdemokraten, Christen, Juden und einige andere.